Vertrauen in unsicheren Zeiten

Wie kann ich in diesen Zeiten vertrauen? Diese Frage begegnet mir gerade sehr oft. Wir erleben viele Umbrüche und Unsicherheiten, manchmal geht uns die Leichtigkeit und die Zuversicht verloren. Das Gute in der christlichen Tradition ist, dass wir immer Berichte von Menschen haben, die Generationen vor uns gelebt haben. Wie haben sie sich in Krisenzeiten getröstet, wie gehofft und die Schwierigkeiten ertragen? Spannend ist ein Blick auf das Lied im Evangelischen Gesangbuch 361: „Befiehl du deine Wege“. Der Text stammt von Paul Gerhardt, der von 1607- 1676 gelebt hat und viele Vertrauenslieder geschrieben hat, die noch heute in Gottesdiensten gerne gesungen werden.

1) „BEFIEHL du deine Wege und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn
der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.“

Sein Ratschlag: Vertrau auf unseren Gott! Wenn Gott die Welt lenkt, dann kann er auch für deine Sorgen eine Lösung finden. – Das klingt jetzt schnell nach Vertröstung. Aber diese Worte sind wahrhaft durchs Feuer gegangen. Paul Gerhardt lebte zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Wir können uns vorstellen, wie der Verlauf des Krieges, die Hungersnöte, die Unwetter, die Krankheiten und die persönlichen Schicksale  manchmal kaum zu ertragen waren. Paul Gerhardt hat Armut und Hunger kennengelernt. Mit 14 Jahren war er Vollweise. Als er spät heiratete, musste er erleben, dass vier seiner fünf Kinder starben. Dieser leidgeprüfte Mensch redet nicht einfach so daher. Er ermutigt sich selbst und auch uns – unser Schicksal in Gottes Hand zu legen. Vertraue Gott an, das was dein Herz bewegt, erschüttert, plagt, was immer dich bedrückt. Dort bei Gott hat es einen guten Ort. Und Gott wird handeln.

2) „DEM HERREN musst du trauen, wenn dir’s soll wohl ergehn;
auf sein Werk musst du schauen, wenn dein Werk soll bestehn.
Mit Sorgen und mit Grämen und mit selbsteigner Pein
lässt Gott sich gar nichts nehmen: es muss erbeten sein.“

Vor fast 30 Jahren sagte mein Vater in einem kurzen Telefonat nur: „Mit Sorgen und mit Grämen…“ – Ich war irritiert. Schließlich hatte ich ihm gerade meine Not geschildert. Es brauchte einige Minuten nach dem Auflegen, bis ich begriffen hatte, dass er diese Strophe zitiert hatte. Er fasste sich immer recht kurz. Hilfreich war für mich zu sehen, ich drehe mich nur noch im Kreis. Sein Rat war für mich: mach weiter, vertraue und höre nicht auf zu hoffen.
In der Bibel übrigens kann man an vielen Geschichten im Alten Testament sehen, dass gerade dadurch, dass Menschen nicht mehr auf Gott warten wollten oder ihr Misstrauen größer wurde, sie oft falsche Wege eingeschlagen haben. Als Abraham mit Sara in Ägypten ist, hat er Angst, dass der Pharao Gefallen an Sara findet. Er glaubt, mit der Lüge, sie sei seine Schwester, kann er Abraham, sie beschützen, an Gott denkt er nicht. Aber dadurch glaubt der Pharao erst, er könne Sara heiraten. So geraten Abraham und Sara in Lebensgefahr. Auch der glaubensstarke Abraham konnte zuweilen nicht vertrauen. Es ist nicht leicht. Denn die Sorge ist groß und oft lähmt uns die Angst.

6) „HOFF, o du arme Seele, hoff und sei unverzagt!
Gott wird dich aus der Höhle, da dich der Kummer plagt,
mit großen Gnaden rücken; erwarte nur die Zeit,
so wirst du schon erblicken, die Sonn der schönsten Freud.“

9) „ER wird zwar eine Weile mit seinem Trost verziehn
und tun an seinem Teile, als hätt in seinem Sinn
er deiner sich begeben und solltst du für und für
in Angst und Nöten schweben, als frag er nicht nach dir.“

Hoffnung braucht einen langen Atem. In unserer schnelllebigen Zeit scheint immer alles sofort zu haben sein. Wir sind nicht mehr gewohnt, auf etwas warten zu müssen. Bei Gebeten ist das anders. Eine alte Dame aus der Gemeinde hat auf ihr 90-jähriges Leben zurückgeschaut und gesagt: „Gott hat alle meine Gebete erhört. Nie sofort, aber immer viel besser und schöner, als ich das gehofft hatte.“

Pfarrerin Heike Lüttgens

 


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